19.02.2021 | KurzMeldungen Nordost

Verkehrsrechtstelegramm

Aktuelle Urteile aus dem Verkehrsrecht:
1. Verkehrsunfall beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf Fahrbahn
2. Durchgerosteter Auspuff bei älterem Gebrauchtwagen kein Mangel

© GTÜ / pixelio.de

1. Verkehrsunfall beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz
auf Fahrbahn

Kommt es beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf die Fahrbahn zu einem Verkehrsunfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Alleinverschulden des Ausparkenden. Dieser Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, wenn es dem Ausparkenden gelingt nachzuweisen, dass er schon so lange auf der bevorrechtigten Fahrbahn stand, dass der fließende Verkehr sich auf ihn einstellen konnte. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.

Dem entschiedenen Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde. An einem Nachmittag im Juni 2018 kam es im Saarland zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Toyota Aygo und einem Ford Fiesta. Die Fahrerin des Toyota fuhr aus einer auf dem Bürgersteig befindlichen Parklücke aus. Als sich der Pkw auf der Fahrbahn befand, kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Ford, der zu dieser Zeit auf der Fahrbahn fuhr. Die Toyota-Fahrerin sah sich nicht als Unfallverursacherin und erhob daher gegen die Ford-Fahrerin und deren Haftpflichtversicherung Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Die Klägerin behauptete schon einige Zeit auf der Fahrbahn gestanden zu haben als es zur Kollision kam. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Denn diese hafte allein für die Unfallfolgen. Es spreche der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO und somit für ein Alleinverschulden der Klägerin. Dabei komme es nicht darauf an, ob ihr Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision gestanden oder sich in Bewegung befunden hat. Wer rückwärts ausparkt, habe nach der Vorschrift jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen.

Der Klägerin sei es nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht gelungen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Sie habe nicht beweisen können, dass sie bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil gestanden hat, dass sich der fließende Verkehr auf sie einstellen konnte.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13.08.2020 – 4 U 6/20 –

 

2. Durchgerosteter Auspuff bei älterem Gebrauchtwagen kein Mangel

Bei einem fast zehn Jahre alten Auto mit mehreren Vorbesitzern sind nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) auch erhebliche Durchrostungen an der Auspuffanlage gewöhnlicher Verschleiß. Normaler Verschleiß bei einem älteren Auto berechtigt den Kunden nicht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Das hat der BGH in einem aktuellen Urteil (Az. VIII ZR 150/18) bekräftigt.
Ein durchgerosteter Auspuff ist bei einem älteren Gebrauchtwagen kein Grund, vom Kauf zurückzutreten. Gewöhnlicher Verschleiß sei kein Sachmangel, betonte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil. Das gelte auch dann, wenn sich daraus durch weitere Abnutzung in absehbarer Zeit ein Erneuerungsbedarf ergebe.

In dem Fall aus Köln wollte der Kläger seinen mehr als neun Jahre alten Peugeot an den Händler zurückgeben. Das Auto hatte er Anfang 2014 mit knapp 85.000 Kilometern auf dem Tacho für 5.650 Euro gekauft. Es war damals gerade frisch durch die Hauptuntersuchung gekommen. Nach einiger Zeit fielen dem Käufer laute Geräusche am Auspuff auf. Er wollte deshalb sein Geld wiederhaben und verklagte das Autohaus.

Grundsätzlich haftet der Händler eine gewisse Zeit für Mängel, die schon beim Kauf des Autos vorlagen. Bei einem Gebrauchtwagen verpflichtet ihn das in der Regel aber nur zur Reparatur, nicht zur Rücknahme des Autos. Dafür muss schon ein großer Mangel vorliegen.

Hier kommt für den BGH nichts davon infrage. Bei einem fast zehn Jahre alten Kleinwagen mit mehreren Vorbesitzern seien auch erhebliche Durchrostungen an der Auspuffanlage als normaler Verschleiß anzusehen. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit gebe es nicht. Damit liege kein Mangel vor.

Weitere Verkehrsrechtsnachrichten folgen in den nächsten Ausgaben unserer KurzMeldungen.

Rechtsanwalt Philipp Krupke
krupke(at)cdhimnorden.de